65 Jahre Forschung in Gombe - Jane Goodall Institut - Deutschland

65 Jahre Forschung in Gombe

Am 14. Juli 1960 kam eine junge Britin zum ersten Mal an die Ufer des Tanganjikasees in Tansania. Ohne es zu ahnen, sollte sie schon bald die Welt für immer verändern.

Die 26-jährige Jane Goodall erhielt die Chance ihres Lebens, als der Paläontologe und Anthropologe Dr. Louis Leakey sie bat, unsere engsten lebenden Verwandten zu beobachten und besser zu verstehen: wildlebende Schimpansen. Janes darauf folgende bahnbrechende Entdeckungen führten zu erstaunlichen Erkenntnissen über das Verhalten von Schimpansen und Menschen.

Young researcher Jane Goodall with baby chimpanzee Flint at Gombe Stream Reasearch Center in Tanzania.

Am 14. Juli 2025 jährt sich ein Meilenstein: Vor genau 65 Jahren kam Jane Goodall in Gombe, Tansania, an, um ihre Studien über wild lebende Schimpansen zu beginnen.

Während sie den ganzen Tag durch die Wälder streifte um die Schimpansen zu beobachten, schrieb sie jeden Abend in ihrem Zelt die Daten ihrer Feldnotizen nieder.

Die längste durchgängige Freilandstudie

In den letzten 65 Jahren haben Jane Goodall, das Jane Goodall Institute und Forschungspartner:innen die inzwischen am längsten laufende Studie über wild lebende Schimpansen der Welt aufgebaut und durchgeführt. 2018 wurde die Studie dafür mit einem Guinness-Weltrekord ausgezeichnet.

Durch ihre Arbeit in Gombe haben Dr. Goodall, das Jane Goodall Institute und ihre Forschungspartner:innen nicht nur das Verständnis für Schimpansen erweitert und Generationen von Wissenschaftler:innen inspiriert, sondern auch die dringende Notwendigkeit aufgezeigt, unsere nächsten Verwandten im Tierreich vor dem Aussterben zu bewahren. Diese Arbeit hat den Begriff „Artenschutz“ neu definiert: Im Mittelpunkt stehen heute die Menschen selbst, insbesondere lokale Gemeinschaften, die befähigt werden, ihre Umwelt aktiv und nachhaltig zu schützen.

Jane: eine wissenschaftliche Pionierin

Als bahnbrechende Forscherin hat Jane Goodall mit ihren Entdeckungen in Gombe weltweit Generationen von Forscher:innen inspiriert: Sie hat wissenschaftliche Barrieren durchbrochen und neue Wege aufgezeigt – weit über die Wissenschaft hinaus.

Die Geschichte der jungen Britin löste eine weltweite Begeisterung aus, die nicht nur den wissenschaftlichen Fortschritt vorantrieb, sondern auch zu einem deutlichen Anstieg von Frauen in den MINT-Fächern (Wissenschaft, Technologie, Ingenieurwesen und Mathematik) und angrenzenden Bereichen wie Naturschutz, Tierverhalten und Umweltschutz führte. Mit ihrem Vorbild und ihrer Rollte als Mentorin ebnete sie über Jahrzehnte den Weg für eine stärkere weibliche Beteiligung in der Wissenschaft.

Eine der bedeutendsten Beiträge von Jane Goodall ist ihre Rolle als Mentorin und Gründerin des Gombe Stream Research Centers (GSRC).

Dieses wichtige Zentrum hat Generationen neuer Wissenschaftler:innen hervorgebracht, darunter viele Tansanier und Forscher:innen aus der ganzen Welt. Obwohl Gombe einer der kleinsten Nationalparks Tansanias ist, hat seine bemerkenswerte Biodiversität und sein Reichtum an wissenschaftlichen Erkenntnissen Hunderte von Forscher:innen angezogen. Ihre Entdeckungen hatten weitreichende Auswirkungen auf zahllose Publikationen und Forschungsgebiete.

Eine dieser herausragenden Wissenschaftler ist Dr. Lilian Pintea. Gemeinsam mit einem engagierten Team aus Forschenden, Studierenden und Partnern, sammelt, archiviert und digitalisiert er das die umfangreichen Langzeitdaten aus Gombe. Darunter befindet sich auch die sogenannte „B Record“ – eine lückenlose, tägliche Verhaltensdokumentation der Schimpansen, die von Dr. Goodall initiiert wurde und bis heute vom JGI fortgeführt wird. Diese außergewöhnliche Datenbasis ermöglicht es, Verhaltensmuster zu analysieren und langfristige Entwicklungen bei Schimpansen tiefgreifend zu verstehen.

Janes bahnbrechende Forschung und ihre Fähigkeit Grenzen zu überschreiten, gepaart mit den Gombe-Langzeitdaten, innovativen, wissenschaftlichen Ansätzen und dem bahnbrechenden, von der lokalen Bevölkerung mitgetragenen Schutzkonzept, machen Gombe zu einem besonderen Ort, der noch viele Jahre lang bemerkenswerte Erkenntnisse für die Wissenschaft und den Artenschutz liefern wird.“

Die wichtigsten Erkenntnisse

Von 1960 bis heute hat Gombe mehr als 300 wissenschaftliche Erkenntnisse veröffentlicht, die von Gesellschaftsstrukturen der Schimpansen bis zur Gesundheit von Mensch und Umwelt reichen. 59 Doktortitel wurden durch Arbeiten in Gombe erworben. Mehr als 250 Forschende haben in Gombe Studien durchgeführt.

Forschung heute

Seit Janes Anfängen, als sie nur ein einfaches Fernglas, ein Notizbuch und eine Schreibmaschine besaß, hat der Fortschritt in Wissenschaft und Technologie es dem Jane Goodall Institut ermöglicht, wichtige Fragen über das Verhalten, die Ökologie und die Gesundheit von Schimpansen wie nie zuvor zu beantworten.

Während viele der von Jane und ihren Schüler:innen perfektionierten Methoden, wie das Verfolgen einzelner Schimpansen und das Aufzeichnen ihres Verhaltens, immer noch verwendet werden, haben neue Technologien wie Genetik, Satellitenbilder, GIS und mobile Technologien den Zugang verbessert, nahezu Echtzeit-Updates ermöglicht und neue Erkenntnisse auf molekularer und landschaftlicher Ebene geliefert.

Mary Nkoranigwa, Field Assistant (Mother-Infant) at Gombe National Park

Zentrales Merkmal der Schimpansenforschung in Gombe ist die Konzentration auf einzelne Individuen, deren Lebensgeschichte und die ihrer Familien und Gemeinschaften über Zeit und Umstände hinweg verfolgt wird. Diese von Dr. Goodall entwickelte Methode wird im Gombe Stream Research Center unter der Leitung von Dr. Deus C. Mjungu weiterhin angewandt. Diese Methode ermöglicht es dem Forschungsteam, die täglichen Beobachtungen eines einzelnen Schimpansen aufzuzeichnen.

Mit Hilfe neuer Technologien wie der genetischen Analyse können Familien wie die „G“, „F“ und andere über Generationen hinweg verfolgt werden, was tiefere Einblicke in soziale Strukturen, Mutter- und Vaterrollen und den Erfolg von Individuen und Gruppen ermöglicht.

Schimpansen leben in klar abgegrenzten, territorialen sozialen Gruppen, den sogenannten „Communities“. In Gombe gibt es drei davon: Mitumba, Kasekela und Kalande. Die Gruppen Mitumba und Kasekela sind an die Anwesenheit von Forschenden gewöhnt, sodass ihre Bewegungen und Verhaltensweisen täglich im Rahmen des sogenannten „B Record“ detailliert dokumentiert werden.

Auf Grundlage dieser langjährigen Beobachtungsdaten konnten Wissenschaftler Rückzugsgebiete und Streifräume der Gruppen kartieren. Diese Karten machen sichtbar, wie sich Umweltveränderungen – insbesondere Entwaldung und die Ausdehnung menschlicher Siedlungen – ungleich auf die verschiedenen Schimpansengemeinschaften auswirken.

Während die Kasekela-Gruppe, deren Revier ausschließlich im Schutzgebiet liegt, vergleichsweise wenig betroffen ist, wurden die Mitumba- und Kalande-Gruppen zunehmend eingeengt – zwischen dem stärkeren Kasekela-Verband und den Grenzen des Nationalparks. Historisch nutzten beide Gruppen auch Gebiete außerhalb des Parks. Diese wurden jedoch durch die Ausbreitung von Palmölplantagen, Ackerbau und Besiedlung weitgehend zerstört.

Dank der kontinuierlichen Datenanalyse konnten gezielte Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Das Jane Goodall Institute initiierte die Wiederaufforstung und den Erhalt von Gemeindewäldern innerhalb des historischen Lebensraums der Schimpansen. Daraus entstand der erste Schutzaktionsplan für das Greater Gombe Ecosystem – ein Meilenstein, der bereits zur Regeneration wichtiger Waldflächen durch lokale Gemeinden geführt hat.

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