Der Waldrapp – einmal ausgestorben und zurück - Jane Goodall Institut - Deutschland

Der Waldrapp – einmal ausgestorben und zurück

Der Waldrapp im Portrait und zwei Personen sitzend vor der Burg in Burghausen.

Der Waldrapp – ein komischer und faszinierender Vogel auf dem Weg, den Kampf gegen das Aussterben zu gewinnen. Lernt mehr über den seltenen Vogel in unserem Artikel und im Video!

Was für ein Vogel: Lange rote Beine, ein schwarzes, im Licht schimmerndes Gefieder, auffällig lange Nackenfedern, ein ansonsten kahler Kopf und ein lang gebogener, roter Schnabel. Ein faszinierender Zeitgenosse, den man nicht so schnell vergisst, wenn man ihn einmal gesehen hat – egal ob auf Fotos oder in der Natur. Ebenso faszinierend ist seine Geschichte. Bis ins 17. Jahrhundert hinein war er in Mitteleuropa heimisch, bis er vor allem durch die gezielte Jagd fast ganz ausgestorben wäre. In den letzten Jahren ist der Bestand wieder gewachsen – dank großartigen Engagements verschiedener Menschen. Die Geschichte der Rettung des Waldrapps zeigt, dass es sich lohnt, für bedrohte Arten zu kämpfen und dass es Hoffnung gibt. Deshalb wollen wir auf die Geschichte der Waldrappe näher eingehen.

Warum der Waldrapp fast ausgestorben wäre

Der Waldrapp gehört zur Familie der Ibis-Vögel und ernährt sich hauptsächlich von Insekten. Aber auch Pflanzen und kleine Reptilien oder Säugetiere stehen auf seinem Speiseplan. Waldrappe sind Zugvögel. Das bedeutet, dass die Tiere, die wir in Mitteleuropa antreffen, im Winter in den wärmeren Süden fliegen. Die Vögel wurden gejagt und ihr Fleisch gegessen. Dafür waren sie leider leichte Beute. Um Nahrung zu finden, landen sie nämlich häufig auf gut einsehbaren Feldern, Sportplätzen und Weiden. In der Nähe von Siedlungen wählen sie außerdem zum Brüten vermehrt leicht zu erreichende Kloster- oder Burgmauern statt der eigentlich bevorzugten Felsnischen in mehreren Metern Höhe. Ihre Bejagung führte dazu, dass es nur noch sehr wenige Vögel gab. Knapp 400 Jahre lang sah man den Waldrapp in unserer Wildnis kaum. Nur in Zoos gab es noch Waldrappe und eine einzelne freilebende Population in Marokko.

Warum die Wiederansiedlung schwieriger ist als gedacht

Der österreichische Verhaltensbiologe Johannes Fritz wurde in den 1990er Jahren auf den Waldrapp aufmerksam. Er gründete das Waldrappteam 2002 und ist Projektmanager des LIFE-Projekts zum Erhalt des Waldrapps in Europa. Ein Problem bei der Wiederansiedelung vom Waldrapp: Es handelt sich um Zugvögel, die ihre Flugroute nicht automatisch kennen. Die lernen sie im ersten Jahr nach dem Schlüpfen von ihren Eltern oder erfahrenen Artgenossen. Ein Waldrapp, der jedoch von Menschen oder in Gefangenschaft aufgezogen wird, hat dieses Wissen nicht. Das Wanderverhalten ist den Tieren aber grundsätzlich angeboren – sie ziehen also auch ohne die richtige Route los und landen dann verstreut und allein an ganz verschiedenen Orten.

Eine rettende Idee

Inspiriert durch einen Film, in dem ein Mann per Flugzeug Wildgänsen ihre Flugroute zeigte, wollte Johannes Fritz dies auch mit dem Waldrapp probieren. Die Lösung hieß also: menschliche Zieh-Eltern, die die bisher unerfahrenen Waldrappe auf ihr späteres Leben vorbereiten und mit ihnen in den Süden fliegen. Die Jungvögel stammen aus Nachzuchten in Zoos. Dabei werden die Jungvögel noch bevor sie eine Bindung zu ihren Eltern aufbauen, in menschliche Obhut genommen und auf sie geprägt. Die Zieheltern verbringen bis zu 14 Stunden mit den jungen Vögeln. Sie sollen ein unerschütterliches Vertrauen und eine starke soziale Bindung zu den Vögeln aufbauen. Allerdings sollen sich die Jungvögel nicht generell an Menschen gewöhnen, da sie ja Wildvögel werden sollen. Deshalb haben nur die direkten Zieheltern Kontakt zu den Vögeln. Das Erlernen der Zugroute in das Überwinterungsgebiet geschieht dann durch Flugmaschinen, in denen die Zieheltern sitzen. Wenn ein junger Waldrapp seine menschlichen Eltern als Mutter oder Vater akzeptiert, fliegt er der Flugmaschine hinterher. Deshalb ist die Bindung zwischen Zieheltern und Waldrapp so wichtig.  

Vorbereitungen für die große Reise

Wenn die Vögel alt genug sind, beginnen die Flugübungen. Schon früh werden die Waldrappe an die Flugzeuggeräusche gewöhnt. Wenn sie alt genug sind, beginnt das Flugtraining. Zunächst bleibt alles noch auf dem Boden. Ziehmutter oder Ziehvater fahren im Flugzeug mit und rufen die Waldrappe. Danach machen sie erste Flüge. Diese ersten Flugversuche sind meist chaotisch, denn die Vögel müssen erst lernen, wie sie richtig fliegen, und wie sie mit der Thermik umgehen müssen. Die Flugübungen mit Maschine sind daher anfangs nur wenige hundert Meter weit, werden aber zum Ende hin auf 60-80 km erweitert, bevor die große Reise beginnt. Drei Waldrapp-Nachzuchtstationen gibt es nördlich der Alpen. Eine im österreichischen Kuchl, eine im bayerischen Burghausen und eine weitere in Überlingen am Bodensee. Die jungen Waldrappe von dort werden zu ihrem Winterquartier entweder in die Toskana oder ins spanische Andalusien geleitet. Der Vorteil: Wenn der Waldrapp seine Flugroute einmal kennt, findet er den Weg immer wieder. Das bedeutet, dass das Flugtraining mit der Zeit weniger nötig wird, weil die Waldrappe, die den Weg kennen, selbst mit ihrem Nachwuchs die Reise antreten können. Die Jungvögel lernen dann wieder auf natürlichem Weg, wohin sie fliegen müssen. Auch wenn der Waldrapp noch nicht „aus dem Schneider“ ist, kann man doch sagen, dass es nicht ganz schlecht um ihn steht. Die Bruten nehmen von Jahr zu Jahr zu und man kann allgemein eine positive Bilanz ziehen. Trotzdem sind der Waldrapp und andere Zugvögel einigen Gefahren ausgesetzt.

Was Zugvögeln wie dem Waldrapp und anderen weiterhin zu schaffen macht

Jagd: Generell ist die Jagd auf Zugvögel, zu denen der Waldrapp gehört, ein großes Problem. Die Tiere werden geschossen oder mit Fallen gefangen. Besonders schlimm ist, dass die Vögel als Sport und zum reinen Zeitvertreib gejagt werden. Das ist zwar illegal, hält aber viele Jäger:innen nicht von der Jagd ab.

Klimatische Veränderungen: Wegen der milden Temperaturen machen sich die Vögel zu spät auf die Reise in ihr Winterquartier. Dann haben die Vögel, die die Alpen überqueren müssen, Schwierigkeiten dies zu schaffen. Vermutungen zufolge könnte das mit der Thermik zusammenhängen, die sich stetig verändert.

Plastik: Vögel können sich in Plastikabfällen verheddern. Dabei können Verletzungen entstehen. Die Vögel können auch daran sterben, wenn einzelne Körperteile durch Plastik abgeschnürt und nicht mehr durchblutet werden können. Das passiert unter anderem auch Jungvögeln. Die Vogeleltern nehmen Kunststoff- und Plastikteile gerne zum Nestbau. Darin verheddern sich Jungvögel besonders schnell.

Insektensterben: Das Problem des Insektensterbens betrifft das gesamte Ökosystem, ebenso uns Menschen und auch Vogelarten, die sich von Insekten ernähren. Ein großer Faktor des Insektensterbens sind Pflanzenschutzmittel, die in der Landwirtschaft, vielfach aber auch in Privatgärten zum Einsatz kommen. Da sind wir alle gefragt, denn in unserem Garten, auf unseren Balkonen und in unseren Hinterhöfen können wir problemlos Alternativen verwenden. Hier ein paar Beispiele:

– „Unkraut“ von Hand jäten

– Brennnessel-Sud statt Pestizide gegen Blattläuse

– Insektenfreundliche Pflanzen, „Bienenwiese“ statt „Steinwüste“

– Auf unnötiges, nächtliches Licht in Außenbereichen verzichten, das zieht Insekten an, die in der Hitze der Strahler verglühen können, ihr Verhalten ändern und somit leichte Beute werden oder selbst verhungern könnten

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